Sechs »Morde« in der Alzenauer Burg – MainEcho vom 01. Juni 2013

Theater: Hochspannung bei der Premiere von Umberto Ecos Mittelalter-Krimi »Der Name der Rose«

Alzenau  »Kräftige Glockenschläge schallen durch den oberen Burghof in Alzenau. Die Mönche versammeln sich gemessenen Schrittes. Plötzlich fällt mit dumpfem Schlag eine Leiche vom Wachgang in luftiger Höhe auf die Bühne hinab. Schreiend und voller Panik rennen die Mönche auseinander. Auch das Publikum ist nach diesem Paukenschlag, mit dem die jüngste Premiere des Theatervereins Kultburg begann, hellwach und stark sensibilisiert.

Reihe »Kultburg open«

Unter der Regie von Josef Pömmerl und Miriam Benden (Inszenierung: Josef Pömmerl) ist es gelungen, den Mittelalter-Krimi »Der Name der Rose« von Umberto Eco in der Bühnenfassung von Claus J. Frankl in einer packenden Aufführung in der Reihe »Kultburg open« auf die Bühne zu bekommen. Die Burg Alzenau dient hierbei als ideale Kulisse, die voll bespielt wird. Das heißt, neben der relativ kleinen Bühne, auf der die 24 Amateur-Schauspieler sich in großen Szenen drängen müssen, werden der Wachgang, der Burgturm und der Aufgang zum Burghof und in die Burg genutzt. Das gibt den Zuschauern das mittelbare Gefühl, dabei zu sein und alles hautnah mitzuerleben.

Besonderes Augenmerk lag an diesem Open-Air-Abend natürlich auf dem Wetter. Blieb der erste Teil komplett trocken, so regnete es sich ab der Pause leider richtig ein. Die meisten Besucher saßen unter der riesigen Kastanie trocken. Auf der Bühne wurde es aber mit der Zeit immer rutschiger und am Ende landeten zwei Mitspieler im Eifer des Gefechts sogar unsanft auf dem Boden.

Von der ersten Minute an ist Hochspannung angesagt. In vielen Köpfen präsent war die 1986 erfolgte Verfilmung mit Sean Connery in der Rolle des Franziskanermönchs William von Baskerville. Mit Christian Pohl und Hendrik Blum, der den jungen Benediktiner-Novizen Adson spielte, waren zwei starke Protagonisten gefunden worden. Auch in den Reihen der Mönche präsentierten sich einige herausragende Talente. Ursula Stöckl-Elsesser gebührt für ihre Rolle als Mädchen ein besonderes Lob. Ihr Wimmern nach der grausamen Folter war auch am Tag danach noch im Ohr…

Vor der so einfachen wie genialen Aufklapp-Kulisse nimmt die Handlung rasch Fahrt auf. Ein toter Mönch folgt auf den nächsten. Während William und Adson auf der Suche nach der geheimnisvollen Bibliothek und dem verbotenen Buch sind, spielt sich das Leben der Mönche zwischen absoluter Askese und Sünde ab. In einer faszinierenden Kombination aus packendem Spiel, stimmiger Maske und passenden Kostümen bis hin zu den ledernen Sandalen, sowie Musik und Beleuchtung lässt sich das Publikum auf die Begegnung mit dem mittelalterlichen Stoff gerne ein und vergisst darüber sogar das nicht optimale Wetter.

Gruselige Momente

Immer wieder gibt es besondere Augenblicke. Als William und Adson mit einer Laterne durch das Labyrinth irren, verdeutlicht das die Alzenauer Inszenierung mit vier Paaren, die kreuz und quer auf allen Spielebenen durch die Burg laufen. Viel Personal bringt der Besuch der päpstlichen Inquisition mit sich. Bernardo Gui (schön unsympathisch gespielt: Heiko Bozem) und seine unbarmherzigen Methoden, um Ketzerei und schwarze Magie aufzudecken, sorgen für gruselige Momente im Burghof, die mit dem Scheiterfeuer für die Verurteilten enden.

Am Ende brennt auch die kostbare Bibliothek des Klosters. Höchste Dramatik beendet die authentische Inszenierung, an deren Ende es für jeden Mitspieler eine – na, klar – Rose gibt. Nur langsam findet das Publikum nach diesem packenden Theatererlebnis vom 14. Jahrhundert zurück ins 21. Die zunächst stockdunkle Burgtreppe lässt erahnen, wie düster das Mittelalter auch ohne Morde sein konnte.

Doris Huhn

Weitere Aufführungen am 1. sowie 7. bis 9 Juni. Alle Veranstaltungen sind bereits ausverkauft. Zusatzvorstellungen im Herbst in Planung. Das Familienstück mit den Kultburg-Kids feiert am Sonntag, 9. Juni, um 11 Uhr Premiere im oberen Burghof. »Das Gespenst von Wilmundsheim« ist für Kinder ab sechs Jahre geeignet. Informationen zum Verein unter www.kultburg.de.