Das Theaterensemble Kultburg eröffnet mit »Die Komödie der Irrungen« die Burgfestspiele in Alzenau – MainEcho 26. Juni 2007

»Lehrstück mit Lerneffekt «

Das Theaterensemble Kultburg eröffnet mit »Die Komödie der Irrungen« die Burgfestspiele in Alzenau

ALZENAU. Shakespeare passt zu einer Aufführung in einem Burghof wie Wagner zu Bayreuth – und wenn das Shakespeare-Stück im Original »Comedy of Errors« heißt, dann sollte der Erfolg gesichert sein. Ist er auch tatsächlich, zeigte die Premiere von »Die Komödie der Irrungen« am Freitagabend im unteren Hof der Burg Alzenau. Die bis Mittwoch, 18. Juli andauernden Burgfestspiele mit einem Reigen aus Theater und Kleinkunst hatten also einen beklatschten Auftakt, allerdings noch kein Glanzlicht.

 

Handwerklich solide sind die Inszenierung des Stücks durch Regisseur Josef Pömmerl und die Aufführung – und das ist durchaus respektabel gemeint, schließlich inszeniert der Alzenauer Theaterverein Kultburg seine Stücke im Gegensatz zur starken Freilichtbühnen-Konkurrenz im Rhein-Main-Gebiet mit Laiendarstellern: Entsprechend dürfen die Inszenierungen nicht – beispielsweise – mit den Clingenburg-Festspielen in Klingenberg oder den Festspielen in Bad Vilbel verglichen werden. Allerdings gilt das auch umgekehrt: Alzenaus Burgfestspiele sind zuvorderst ein lokales Ereignis mit überregional bedeutsamen Tupfern – ein inszenierter Vergleich zum Beweis des Kulturstandorts Alzenau mit den Nachbarbühnen liefert das örtliche Ensemble nur einer ungerechtfertigten Erwartungshaltung aus, die nicht einzulösen ist.

Denn letztlich besteht das Ensemble aus Laien, und auch das ist nicht abwertend gemeint. Zweifellos von Vorteil ist da das Besinnen auf eine Komödie – und wenn es in der Eigenwerbung von Kultburg »in bewährter Weise« heißt, dann spricht das durchaus für die realistische Einschätzung des eigenen Könnens. Wer vergleichsweise selten auf der Bühne steht, will sich – verständlich – darstellen und das eigentliche Manko der Alzenauer »Die Komödie der Irrungen« ist der Hang der Statisten zur Theatralik: Gutes Schauspiel versteht die Natürlichkeit von Alltagshandlungen, Mimik und Gestik sind in der Regel keine Kraftmeiereien.

Umso mehr trüben solche Details den Gesamteindruck, wenn die Inszenierung nicht auf Kurzweil, sondern auf ausuferndes Spiel setzt. »Die Komödie der Irrungen« dauert ohne Pause etwa zweieinhalb Stunden, wobei Pömmerl die inhaltlich eher dünne Vorlage eben mit Massenszenen gleichermaßen aufzulockern wie aufzuwerten sucht: Da fällt beispielsweise im Monolog das Stichwort »Hexen« – und schon tauchen aus der Kulisse eben jene auf und inszenieren ein lebendes Bild. Immerhin: Das Stück wird in der Alzenauer Fassung also beherzt interpretiert und nicht einfach nur als Lehrstück hergenommen.

Dabei ist »Die Komödie der Irrungen« in seiner Entstehungszeit zwischen 1592 und 1594 tatsächlich eher ein Stück aus den Lehrjahren des William Shakespeare (1564 bis 1616) und steht der Posse näher als der reinen Komödie. Shakespeare greift dabei eine attische Komödie auf, die der römische Lustspielautor Plautus (254 bis 184 vor Christus) in seinen »Menaechmen« überliefert hat, wobei Shakespeare gegenüber der Vorlage das Zwillingsthema aber um der besseren Publikumswirksamkeit verdoppelt: Ein Kaufmann aus Syrakus hat eineiige Zwillinge zu Söhnen, die er beide Antipholus nennt. Zudem sind auch deren beide Diener eineiige Zwillinge mit dem gleichen Namen Dromio. Als die Söhne durch einen Schiffbruch voneinander getrennt werden, verschlägt es den einen mit Diener nach Ephesus, wo dieser ein angesehener Bürger und Ehemann wird. Der andere macht sich auf die Suche nach dem verlorenen Bruder und kommt mit seinem Diener nach Ephesus. Zwangsläufig nehmen auf den Straßen von Ephesus genau wie im Hause des Antipholus die Verwechslungen ihren Lauf: Dass dies letztlich auch der Liebe so abträglich wie bekömmlich ist, gehört zum Standard eines ordentlichen Lustspiels.

Kein Zweifel: Das doppelte Verwechslungsspiel macht »Die Komödie der Irrungen« im unteren Burghof sehenswert – vor allem wegen der Leistungen der Hauptdarsteller. Denen zuzusehen ist unterhaltsam – nicht einmal das bei der Premiere immens widrige Wetter mag hier den Spaß vermiesen. Dieses Wetter aber machte mit seiner Nässe und Kühle allerdings auch die tatsächlichen Längen des Stücks quälend bewusst.

Stefan Reis

»Die Komödie der Irrungen« nach William Shakespeare (170 Minuten inklusive Pause): Unterer Burghof Alzenau, Samstag 30. Juni und 7. Juli sowie Sonntag 1. und 8. Juli jeweils um 20.15 Uhr