Tsunami-Gedenken in Alzenau mit bewegenden Worten und Klängen – MainEcho 13. Januar 2007

Pressebericht über die Lesung “Khao Lak – Im Lande Deines Zuletztseins”

Tsunami-Gedenken in Alzenau mit bewegenden Worten und Klängen

Alzenau. Gut zwei Jahre nach dem Tsunami in Südostasien gedenken nicht nur dort Menschen der Toten. Es war eine globalisierte Katastrophe: Auch hierzulande verlor so mancher Freunde und Verwandte. Auf je eigene Art drückten am Freitag in den Räumen des Theatervereins »kultBurG« in Alzenau Heike Schäfer und Martina Bitz aus, was sie nach dem Tod geliebter Menschen bewegte.

Heike Schäfer las aus ihrem Buch »Khao Lak. Im Lande deines Zuletztseins«. Die empfindsamen Gedichte der gebürtigen Kahlerin pendeln zwischen dem Strand von Thailand und den Alpen, wo sie ihre Freundin kennen gelernt hatte. Das Warten, die Aufgewühltheit – die Gymnasiallehrerin verbindet ihre Gefühle mit tiefen Betrachtungen über Zeit und Natur. Im Wechsel dazu zauberte Martina Bitz bewegende Klänge aus ihrer Altblockflöte. Mollstücke von Bach oder Telemann machten nachdenklich, doch am Ende siegte die Hoffnung: Fast heiter wirkte van Eycks »Unter der grünen Linde«. Zuversicht sollen auch vom Tsunami betroffene Kinder schöpfen: Josef Pömmerl (kultBurG) kündigte an, mit den Spenden des Abends die Aktion Friedensdorf zu fördern.

Gedichte gegen das Vergessen

Kahlerin Heike Schäfer verlor eine Freundin im Tsunami Katastrophen erschöpfen sich für jene, die nicht betroffen sind, bald in abstrakten Opferzahlen und Fernsehbildern. Der Tsunami am zweiten
Weihnachtsfeiertag 2004 in Südostasien kostete Hunderttausende das Leben, auch viele Deutsche zählten zu den Opfern. Heike Schäfer, Lehrerin am Spessart-Gymnasium, hat einen Gedichtband
herausgebracht. Er beinhaltet Erinnerungen an eine Freundin, die bei der Katastrophe ihr Leben verlor: »Khao Lak. Im Lande deines Zuletztseins. Gedichte für Michaela«.

Heike Schäfer, in Aschaffenburg geboren und in Kahl aufgewachsen, lehrt seit September 2004 am Spessart-Gymnasium Deutsch, Englisch und Ethik. In den vier Jahren davor lebte und unterrichtete sie in Oberstdorf, wo ihr Kollegin Michaela Heigl-Ihler zur Freundin wurde. Ihr, die beim Seebeben am 26. Dezember 2004 das Schicksal von Abertausenden teilte, ist Schäfers Gedichtband gewidmet. Viele, deren Freunde oder Verwandte in den Fluten Südostasiens umkamen, werden die Phasen nachvollziehen können, die sich in Schäfers Texten widerspiegeln: Von der quälenden Ungewissheit der ersten Tage – »Darf man noch hoffen auf ein Wunder – Gott?« – bis zur Endgültigkeit schaffenden Urnenbeisetzung auf dem Friedhof. Trauer und Erinnerung an gemeinsame Tage kleidet Heike Schäfer in existenzielle Sprache und Bilder aus der Natur. Nicht die Strände Thailands, sondern die winterliche Allgäulandschaft spielt dabei eine wichtige Rolle: Vor ihrem Hintergrund entwickelte sich die Kollegenfreundschaft, die vor zwei Jahren ihr jähes Ende fand. Immer wieder scheint in den insgesamt 20 Texten die Hoffnung auf, dass die Freundschaft auch jetzt noch weiterlebt – etwa am »Brunnen der Wiederkehr«, der Fontana di Trevi in Rom.

Heike Schäfer schreibt sich den Verlust eines geliebten Menschen von der Seele und stemmt sich gegen ein »Zahlenschicksal«; ihre Texte bieten aber mehr als nur persönliche Erinnerung. Die Gedanken, die sie in kreativer Sprache aus sich herausschreibt, sind lesens- und nachdenkenswert nicht nur für alle, die ähnliches erlebt oder mitgefühlt haben.

Die Gedichte im jetzt erschienenen Band sind alle zwischen Ende 2004 und Anfang 2006 entstanden. Bereits in der Zeit von 1991 bis 1996 wurden lyrische Beiträge von Heike Schäfer in die Anthologe
»ZEITschrift« im Wolfgang Hager Verlag aufgenommen; im Dezember 2005 war sie in der Großen Lyrikanthologie »Jahrbuch für das neue Gedicht«, Frankfurt, vertreten.

Michael Hofmann

Khao Lak. Im Lande deines Zuletztseins. Gedichte für Michaela,
gebunden, 47 Seiten, ISBN-10: 3-9502211-2-3, ISBN-13:
978-3-9502211-2-1, Wolfgang Hager Verlag (Stolzalpe, Österreich),
15,50 Euro